Dr. Gerhard Liebig in Friedenfels

Alfred Schneider

Imkern nach den Grundsätzen wesensgemäßer Bienenhaltung

In Imkerkreisen ist er schlichtweg eine Institution und viele Werke tragen seien Namen - der Bienenwissenschaftler Dr. Gerhard Liebig. 37 Jahre lang, bis zu seiner Pensionierung, wirkte er an der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. In Langzeitprojekten befasst er sich auch weiterhin vor allem mit Forschungen im Freiland.

Anlässlich der 150-Jahr-Feier des Imkerkreisverbandes Tirschenreuth, war es Kreisvorsitzendem Hans Schön gelungen, Dr. Liebig als Festredner zu gewinnen. „Was Imker glauben und Bienen tun“ lautete sein Vortrag über Anspruch und Wirklichkeit von artgerechter und wesensgemäßer Bienenhaltung. Das Interesse der Imker war so groß, dass der Saal der Schlossschänke in Friedenfels  fast aus allen Nähten platzte. Es war zweifellos der Höhepunkt der Veranstaltung und die Erwartungen der Besucher wurdenvoll erfüllt.

Wenngleich die provokative Vortragsart von Dr. Liebig zutreffen mag, so hat er während des Vortrags zu keiner Zeit Langeweile aufkommen lassen. Dies lag aber auch daran, dass er seine vorgetragenen Erkenntnisse immer wissenschaftlich begründen konnte. Bespickt mit einer Prise Humor und Ironie hinterfragte er Lehrsätze und Meinungen, basierend auf  jahrzehntelangen Erfahrungen, die er sich, wie er sagt, „mit Läuse zählen, Milben zählen, Bienen zählen“ angeeignet hat. Mit markanten Sprüchen verschaffte er sich immer wieder die Aufmerksamkeit der Besucher und regte häufig zum Nachdenken an.

Bild: Johannes Wohlrab - Dr. Liebig in Action

Vortrag

Ohne Beobachtung ist keine Prognose möglich. Die Honigtauerzeuger und deren Entwicklungszyklen zu kennen, ist für Dr. Gerhard Liebig Voraussetzung für eine Waldtrachtprognose. Er untersuchte in Hohenheim die Populationsdynamik der wichtigen Honigtauerzeuger auf Tanne, Fichte und Laubbäumen. Ein milder November steigert seiner Meinung nach das Aufkommen einer Waldtracht im Folgejahr.

Breiten Raum nahm das Thema um die Varroamilbe ein. In Deutschland gibt es ca. 100.000 Imker mit ca. 1 Million Bienenvölkern. „Damit ein Volk zusammenbricht, seien ca. 20.000 Milben erforderlich und wenn der Wirt stirbt, stirbt auch der Parasit“, sagt Dr. Liebig. Als Bekämpfungsmittel favorisiert er die Ameisensäure, wobei auch biotechnische Maßnahmen, wie die Drohnenbrutentnahme, äußerst wichtig seien.

Zum jährlichen Bienensterben bemerkte er, dass 10 Prozent Völkerverluste normal wären. Alle Völker sterben den Varroamilben- oder Hungertod.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit seien die Untersuchungen über die Entwicklung von Bienenvölkern. Dazu hat er ca. 200 Völker in Hohenheim aufgestellt und beobachtet. Der Durchschnittsbestand eines Volkes liegt bei ca. 30.000 Bienen. Die Umwelteinflüsse wie Tracht, Witterung und Völkerführung sind dabei von großer Bedeutung. Dr. Liebig erkennt jedoch auch die Notwendigkeit von Pflanzenschutz für eine ausreichende landwirtschaftliche Erzeugung. Mit Argumenten Für und Wider setzt der Redner einen Vergleich von Bienen in freier Natur und unter der Obhut der Imker an. Er geht auf die Erkenntnisse einer natürlichen oder künstlichen Auslese ein und plädiert für eine wesensgemäße Haltung. Stadtimkereien oder Imkern auf dem Balkon hält Dr. Gerhard Liebig für  nicht artgerecht und fragwürdig.

Text: Alfred Schneider, IV Tirschenreuth

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